Es sind weit über 34 Grad Celsius. Ich hocke mit ein paar Jugendlichen aus der Familie auf der Veranda einer älteren Dame in Florida und versuche, sie abzudichten. Immer wenn es stark regnet, ergießt sich ein Bach zwischen dem etwas höher gelegenen Haus und diesem Vorbau, den die Dame unter anderem als Waschküche nutzt.
Wir schrauben Verkleidungen ab, fegen den Staub vieler Jahre unter dem Haus weg. Es ist anstrengend, schweißtreibend, und ich frage mich: Warum tust du dir das in deinen Ferien an? Du könntest jetzt irgendwo am Strand liegen, die Sonne genießen. Stattdessen ruinierst du dir deine Klamotten und schuftest hier.
Zum Glück habe ich tatkräftige Unterstützung. Die Jugendlichen kriechen unters Haus, ziehen Silikonfugen, schleppen Material. Dinge, die ich in meinem Alter nicht mehr so leicht hinkriege.
„Die Dame hat so viel für dich und deine Familie getan“, denke ich. „Da ist es nur fair, etwas zurückzugeben.“ Aber während ich noch so überlege, wird eine andere Stimme in mir immer lauter.
Ich habe den Eindruck, Gott spricht zu mir. Und plötzlich merke ich: An meinen Gedanken ist so ziemlich alles falsch. Ich habe mir einen menschlichen Maßstab zurechtgelegt – aber nicht den göttlichen. Ja, die Welt sagt: Sei für die da, die auch für dich da waren. Aber stell dir vor, das wären die Maßstäbe Gottes!
Dann hätte ich keine Chance. Ich wäre nie Christ geworden. Paulus schreibt: „Gott aber beweist uns seine große Liebe gerade dadurch, dass Christus für uns starb, als wir noch Sünder waren“ (Römer 5,8 HfA).
Genau das Gegenteil hat Gott getan. Er hat alles für uns gegeben – obwohl wir ihm den Rücken zugekehrt haben, obwohl wir unsere eigenen Wege gegangen sind, obwohl wir seine Gebote gebrochen haben, die uns doch eigentlich schützen sollten.
Und er? Er hat uns trotzdem geliebt. Trotzdem sein Ein und Alles gegeben – für uns. Einfach aus Liebe.
Und damit nicht genug. Jesus sagt: „Ihr aber sollt eure Feinde lieben und den Menschen Gutes tun. Ihr sollt anderen etwas leihen, ohne es zurückzuerwarten. Dann werdet ihr reich belohnt werden: Ihr werdet Kinder des Höchsten sein. Denn auch er ist gütig zu Undankbaren und Bösen“ (Lukas 6,35 HfA).
Das ist eine Zumutung. Feinde lieben? Menschen Gutes tun, die uns niemals danken werden? Alles geben, ohne etwas zurückzuerwarten? Da möchte ich schreien: „Aber …!“
Und Gott antwortet: „Tu es trotzdem – aus Liebe.“
Denn er ist die Liebe. Und er gibt uns die Kraft, die wir selbst nicht haben. Durch seinen Geist können wir Dinge tun, die wir allein niemals schaffen würden. Wenn wir bereit sind, zu hören – und zu handeln.
Heute habe ich wieder einen Arbeitseinsatz an diesem Haus. Genug Zeit, um nachzudenken. Will ich weiter in meinem kleinen Süppchen kochen – oder will ich mich von Gottes Liebe verändern lassen?
Vielleicht geht es dir ähnlich. Vielleicht stehst du gerade vor einer Aufgabe, die sich nicht lohnt. Vor Menschen, die deine Mühe nicht verdienen. Vor Situationen, in denen du eigentlich „Nein“ schreien möchtest.
Dann hör die Stimme Gottes: „Tu es trotzdem – aus Liebe.“
Nicht aus Pflicht, nicht aus Kalkül, nicht aus schlechtem Gewissen – sondern, weil er es zuerst für dich getan hat.
Sei gesegnet!
„Liebe allein versteht das Geheimnis, andere zu beschenken und dabei selbst reich zu werden“ (Clemens Brentano).