Neulich stand ich früh morgens mit einer Tasse Kaffee auf dem Balkon. Kein Handy, keine Musik, nur der Wind, der durch die Bäume strich, und das leise Zwitschern der Vögel. In diesem Moment war ich ganz da – aufmerksam, wach, still. Solche Augenblicke sind selten geworden. Zu oft rauscht der Alltag an uns vorbei, gefüllt mit Aufgaben, Sorgen und Ablenkungen. Ich habe gemerkt: Ich brauche mehr Achtsamkeit. Aber was bedeutet das eigentlich – besonders aus christlicher Sicht?
Jesus selbst war ein Meister der Achtsamkeit. Er war ganz im Moment, ob bei der Begegnung mit dem blinden Bartimäus (Markus 10,46–52) oder beim stillen Gebet auf dem Berg (Matthäus 14,23). Wenn er predigte, galt seine Aufmerksamkeit den Menschen vor ihm – und seinem Vater im Himmel.
In Sprüche 4,23 heißt es:
„Mehr als alles andere behüte dein Herz; denn aus ihm entspringt das Leben.“
Achtsamkeit beginnt mit dem Herzen. Es geht darum, aufmerksam zu leben, sensibel zu sein für das, was in mir und um mich geschieht – und Gottes Wirken darin zu erkennen.
In der heutigen Zeit ist „Achtsamkeit“ ein beliebtes Modewort. In der Esoterik oder im säkularen Bereich geht es oft darum, durch Meditation, Atemübungen oder Bewusstseinsveränderung zu einem inneren Gleichgewicht zu kommen – häufig mit dem Ziel der Selbstoptimierung oder Selbstzentrierung. Der Mensch wird dabei oft als autonomes Zentrum des Universums gesehen.
Im christlichen Glauben ist Achtsamkeit etwas anderes: Sie richtet den Blick nicht nur auf das eigene Innere, sondern vor allem auf Gott. Es geht nicht um die Reise zu mir selbst, sondern um die Beziehung zum Schöpfer, der mich sieht, liebt und führt. Achtsamkeit bedeutet hier, mit offenem Herzen durch den Tag zu gehen – wachsam für Gottes Stimme, bereit, auf seinen Ruf zu hören.
Christliche Achtsamkeit heißt: Ich bin wach für den Augenblick, weil Gott genau jetzt spricht. Ich bin aufmerksam für meine Mitmenschen, weil Gott mir in ihnen begegnet. Und ich bin achtsam mit mir selbst, weil ich ein geliebtes Kind Gottes bin.
Ich möchte dich ermutigen: Nimm dir in den nächsten sieben Tagen jeden Tag fünf Minuten Zeit. Setz dich still hin, ohne Handy oder Ablenkung. Sprich ein kurzes Gebet: „Herr, öffne meine Augen für das, was du mir heute zeigen willst.“ Und dann beobachte, was passiert. Was nimmst du wahr? In dir, um dich herum, in deinem Alltag?
Und vielleicht fragst du dich am Ende eines jeden Tages: „Herr, wo bist du mir heute begegnet?“ – Diese kleine Übung kann zu einer großen Veränderung führen.
Gebet: Herr, lehre mich, achtsam zu leben – mit dir, mit mir selbst und mit den Menschen um mich herum. Öffne meine Augen für deine Gegenwart im Alltag. Lass mich stille werden, um dich besser zu hören. Amen.
Sei gesegnet!
„Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wer Gott sucht, der suche ihn nicht in der Vergangenheit und nicht in der Zukunft, sondern in der Gegenwart“ (Dietrich Bonhoeffer).