Wir haben zu Hause in unserer Wohnung zwei große Tafeln hängen, auf denen die Regeln für unsere Ehe stehen. Zum Beispiel ist dort zu lesen, dass wir uns nicht gegenseitig betrügen dürfen, unser Vertrauen nicht missbrauchen und uns nicht anlügen. Diese Regeln helfen uns, unsere Ehe so zu führen, wie Gott es sich wünscht.
Natürlich ist das Unsinn. Jeder, der solche Tafeln irgendwo sehen würde, würde sich fragen, was mit dieser Ehe nicht stimmt. Wer so etwas aufschreibt und sich daran festhalten muss, hat entweder das Wesen von Liebe nicht verstanden – oder irgendwo unterwegs ist die Liebe verloren gegangen.
Und doch erinnern mich solche Tafeln an etwas, das ich immer wieder unter Christen beobachte. Es gibt viele, die gedanklich die alten Gesetzestafeln, die Mose einst am Berg Sinai von Gott empfangen hat, von Zeit zu Zeit abstauben – und sie sich geistlich gesehen ins Wohnzimmer hängen.
„Das darfst du nicht machen, das widerspricht den Geboten Gottes!“, heißt es dann. Zack, schon hängen sie wieder an der Wand – die Tafeln. Dabei öffnen sich beim Thema „Gesetz Gottes“ schnell riesige Spannungsfelder: Es gibt Sünden, die als besonders schlimm gelten, und andere, bei denen man großzügig ein Auge zudrückt.
Ein Christ darf faul sein, geizig, jähzornig oder machthungrig – für viele dieser Haltungen findet man erstaunlich gute Rechtfertigungen. Aber sobald es um Sexualität geht, ist plötzlich alles ganz klar geregelt. Dann wird gerne Jesus zitiert, der gesagt hat:
„Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen, aufzulösen, sondern zu erfüllen“ (Matthäus 5,17 LUT).
Ein scheinbar eindeutiger Beweis, dass das alte Gesetz weiter gilt?
Man könnte jetzt tief einsteigen: Wem gab Gott die 10 Gebote eigentlich? Und warum? Warum gelten aus den insgesamt 613 Geboten des Alten Testaments gerade diese zehn – und viele andere nicht?
Oder man hört einfach mal darauf, wie Jesus selbst das Ganze zusammenfasst. Als er gefragt wird, welches das wichtigste Gebot sei, antwortet er:
„›Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, mit ganzer Hingabe und mit deinem ganzen Verstand.‹ Das ist das erste und wichtigste Gebot. Ebenso wichtig ist aber ein zweites: ›Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst.‹ Alle anderen Gebote und alle Forderungen der Propheten sind in diesen beiden Geboten enthalten“ (Matthäus 22,37–40 HfA).
Und damit sind wir wieder bei den Tafeln mit den Ehe-Regeln. Übertrage das Bild doch einmal auf deine Beziehung zu Jesus. Wenn man konkrete Regeln für eine Beziehung oder Ehe aufstellen muss, dann läuft dort etwas nicht ganz rund. Man versucht, von außen zu regeln, was von innen heraus eigentlich selbstverständlich sein sollte: echte, gelebte Liebe.
Das lässt sich eins zu eins auf meine Beziehung zu Gott übertragen. Wenn ich Gottes Gesetzestafeln brauche – ob die zehn Gebote oder eines der 603 weiteren Gebote und Verbote –, dann ist es vielleicht Zeit, ehrlich zu fragen: Wie sieht meine Beziehung zu Gott wirklich aus?
Wenn ich ihn liebe, wenn er wirklich auf dem Thron meines Lebens sitzt, dann werde ich genau deshalb bestimmte Dinge tun – und andere bleiben lassen. Dann brauche ich keine Tafeln, sondern ein Herz, das liebt.
Wenn ich faul bin, jähzornig oder machtsüchtig, dann passt das nicht zu einer Beziehung, in der Gott an erster Stelle steht. Dann ist nicht das Gesetz das Problem – sondern das Herz.
Wie sieht deine Beziehung zu Gott aus? Welche Priorität hat er? Und was folgt daraus für dein Leben?
Vielleicht brauchst du keine Tafeln an der Wand – aber ein Herz, das liebt. Denn wer liebt, braucht keine Liste, sondern lebt aus einer Beziehung. Genau das ist es, was Gott sich von dir wünscht.
Sei gesegnet!
„Wenn Liebe herrscht, ist das Gesetz überflüssig“ (Albert Einstein).