Wenn ich predige oder unterrichte, sage ich oft: „Immerhin hat diese Geschichte es in die Bibel geschafft!“ Andere Geschichten eben nicht. Und dann kommt die Frage: Wer hat eigentlich entschieden, welche Schriften in die Bibel aufgenommen wurden – und welche nicht?
War es eine mächtige Kirchenelite, die bestimmte Lehren durchsetzen wollte? Ging es also um Kontrolle? Oder war es Gott selbst, der den Menschen klar machte, was in den Kanon sollte – und was nicht?
Von der Antwort auf diese Frage hängt viel ab. Genau genommen: alles. Denn wenn wir nicht wissen, warum gerade diese Bücher in der Bibel sind, wie können wir dann sagen, dass sie verbindlich sind? Dass sie Autorität haben?
Ich gebe offen zu: Kirchengeschichte war in meinem Studium nicht gerade mein Lieblingsfach. Aber um zu verstehen, wie die Bibel entstand, müssen wir in die Anfänge der Kirche schauen. Und das ist faszinierend.
Schon im 1. Jahrhundert – während Christen noch verfolgt wurden – wuchs die Kirche rasant. In dieser Zeit entstanden viele Briefe der Apostel an einzelne Gemeinden. Und: Diese Briefe wurden nicht geheim gehalten, sondern sollten weitergegeben werden. Paulus schreibt zum Beispiel:
„Wenn ihr diesen Brief bei euch vorgelesen habt, dann gebt ihn an die Gemeinde in Laodizea weiter. Lest auch den Brief, den ich dorthin geschrieben habe.“ (Kolosser 4,16 HfA)
Diese Praxis des Kopierens und Weitergebens führte dazu, dass wir heute viele alte Manuskripte in unterschiedlichen Sprachen aus verschiedensten Regionen haben – und zwar sehr nah an den ursprünglichen Ereignissen.
Interessant ist auch: Schon früh wurden diese Briefe und Evangelien als inspiriert betrachtet. In den Schriften von Kirchenvätern wie Clemens von Rom, Justin dem Märtyrer oder Athanasius werden viele neutestamentliche Bücher als „heilige Schrift“ zitiert – und zwar lange, bevor es eine offizielle Festlegung gab.
Diese Kirchenväter haben die Bücher nicht einfach willkürlich ausgewählt, sondern anerkannt, was unter Christen weltweit längst als inspiriert galt. Das war ein organischer Prozess – nicht von oben bestimmt, sondern aus der Gemeinde heraus gewachsen.
Später, im 4. Jahrhundert, ordnete der Kirchenhistoriker Eusebius die Schriften in drei Kategorien:
allgemein anerkannte Schriften (homologoumena),
umstrittene Schriften (antilegomena),
unechte Schriften (notha).
Dabei zeigt sich: Die Evangelien und viele Briefe waren längst anerkannt. Bei einigen wenigen Büchern (wie Offenbarung, Judas, 2 Petrus) wurde genauer geprüft – aber auch das geschah transparent und mit geistlichem Ernst.
Einmal las ich in einem Kommentar:
„Die göttliche Autorität der 27 Bücher des Neuen Testaments wurde von der weltweiten Gemeinschaft der Gläubigen organisch und einmütig anerkannt, bevor sie von Kirchenführern bestätigt wurde.“
Was für eine Geschichte! Die Kirche wählte den Kanon also nicht, sie erkannte Gottes Reden an. Das gibt mir tiefes Vertrauen. Die Bibel ist nicht ein Machwerk von Menschen, sondern ein inspiriertes Zeugnis Gottes, das sich durchgesetzt hat, weil es Leben verändert.
Was bleibt da noch zu sagen – außer: AMEN?
Weil die Bibel ist, was sie ist, sollten wir sie auch so behandeln: als Grundlage unseres Glaubens. Wenn aus Buchstaben Offenbarung wird, erkennen wir, wer der eigentliche Autor ist – Gott selbst.
Sei gesegnet!
„Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit“ (Die Bibel – 2. Timotheus 3,16).