Eigentlich hatte ich geplant, in meiner kleinen Serie über die Dankbarkeit einen Vers von Paulus zu zitieren, der mich schon lange beschäftigt und bewegt. Er lautet: „Dankt Gott, ganz gleich wie eure Lebensumstände auch sein mögen. All das erwartet Gott von euch, und weil ihr mit Jesus Christus verbunden seid, wird es euch auch möglich sein“ (1. Thessalonicher 5,18 HfA). Dankbar zu sein ist leicht, wenn Gott nach einem Gebet eingreift und Probleme aus dem Weg räumt. Aber wenn Dinge schieflaufen, ist es gar nicht mehr so einfach.
Und dann erreichte mich die Nachricht, dass ein junger Mann einfach so ohne Vorwarnung verstorben ist. Er sei vom Fahrrad gefallen und war tot, so hieß es. Und dieser Mann war nicht irgendjemand, sondern der Bassmann meiner Band. Er hinterlässt eine Frau und zwei kleine Kinder.
Und plötzlich bin ich sprachlos. Plötzlich erscheint mir mein Plan für meine Andacht völlig abwegig. Da sind nur noch Schmerz und Trauer. Da sind viele Fragezeichen und eine große Sorge um die Familie. Und dennoch steht die Aufforderung im Raum. Gott zu danken, ganz gleich wie unsere Lebensumstände sind und dass Gott dies von uns erwarten würde.
Ich möchte meinen Rechner am liebsten ausschalten und schweigen. Ich bin nicht der Ehepartner des Verstorbenen, ich bin nicht der Sohn und nicht die Tochter, und schon empfinde ich die Aufforderung des Paulus als eine Zumutung. Wie soll es da der Familie erst gehen?
Ich bete, ich bitte Gott um Rat und um klare Gedanken und habe den Eindruck, dass er mir antwortet. Wir leben in einer gefallenen Welt. Wir leben in einer Welt, die nicht mehr so ist, wie Gott sie sich gedacht hat, in der Schmerz und Tod ihren festen Platz haben – leider.
Wir leben mit dem Versprechen, dass Gott immer an unserer Seite steht, weil er uns liebt. Aber es gibt leider kein Versprechen, dass wir ohne Leid durchs Leben kommen, oder dass wir alle 100 Jahre alt werden. Das ist furchtbar, besonders, wenn das Leid einem so nahekommt.
Aber gleichzeitig haben wir das Versprechen, dass Gott uns aus der Macht des Todes errettet hat, dass wir, wenn wir unser Ja zu ihm finden, Kinder von Gott werden, Söhne und Töchter. Wir haben eine Hoffnung, die andere Menschen nicht haben. Und wir haben einen Trost, den Menschen, die Gott nicht kennen, nicht haben.
Und das ist keine billige Ausrede. Kann man dankbar sein für den Tod eines Menschen? Natürlich nicht. Die Situation ist und bleibt schrecklich. Ich kann aber darauf achten (und sollte es auch), was der Schmerz mit mir macht. Der Teufel versucht solche Katastrophen auszunutzen, um mir einzureden, dass es Gott nicht gäbe, dass er mich nicht lieben würde, dass er nicht gut sei.
Er hat das Ziel, meinen Glauben zu zerstören und mich zu zerstören. Das muss und darf ich nicht zulassen. Schmerz, Trauer und die Fragen nach dem Warum können wie ein Strudel sein, der einen Menschen in den Abgrund reißt. Wenn ich aber meinen Blick auf Gott richte, dann weiß ich, ich bin nicht verloren, selbst wenn Katastrophen mein Leben treffen.
Und das macht mich dankbar. Ich bin dankbar für die gemeinsamen Jahre, die wir hatten. Ich bin dankbar, dass ich mir sicher sein kann, dass unser Bassmann jetzt bei Gott ist. Und ich bin dankbar, dass ich mir sicher sein kann, dass Gott die Familie gerade jetzt nicht im Stich lassen wird. Die Zeit ist so furchtbar für sie, wie sie kaum furchtbarer sein kann.
Aber so billig wie das klingt, ich meine es ganz ernst. Niemand kann tiefer fallen, als in Gottes Hände. Und dafür bin ich dankbar, denn das Leid hat nicht das letzte Wort. Insofern schreit im Moment alles in mir, aber ich lasse nicht los. Ich halte fest an meinem Gott, der größer ist.
Sei gesegnet!
„In meine Nacht voll Sorgen, voll Schmerzen, Trauer, Wut, verkündest du den Morgen, schenkst Kraft und neuen Mut“ (Ursula Koch).