Das kennt wohl jeder: Du sprichst freundlich ein kleines Kind an – und es versteckt sich blitzschnell hinter dem Bein seiner Mutter oder seines Vaters. Oder es hält sich die Augen zu, nach dem Motto: „Ich sehe dich nicht, also siehst du mich auch nicht!“
Solche Szenen finde ich immer wieder rührend – und irgendwie faszinierend. Denn da steckt ein kindlicher Glaube dahinter: Augen zu – und die Welt ist weg. Hinter Mamas Rockzipfel – und alle Angst ist verschwunden.
Wie schön wäre es, wenn das auch in unserem Leben noch so einfach funktionieren würde: Augen zu – und die Probleme sind verschwunden. Einfach unsichtbar werden – und keine Sorge findet uns mehr.
Aber als Erwachsene wissen wir natürlich: So einfach ist es nicht. Wenn sich ein Kind die Augen zuhält, ist es ja nicht wirklich verschwunden. Und auch nicht, wenn es sich hinter jemandem versteckt.
Und trotzdem – verhalten wir uns Gott gegenüber manchmal ganz ähnlich: Wir tun so, als wäre er nicht da. Wir hoffen, er sieht nicht hin, wenn wir uns innerlich wegducken oder vor ihm verstecken. Wenn wir ihn ignorieren, ist er dann wirklich weg?
Auch König David kennt solche Gedanken. In Psalm 139 beschreibt er, wie er selbst versucht hat, sich Gott zu entziehen – und wie er dabei erfahren hat: Gott ist trotzdem da.
Er schreibt:
„Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am äußersten Meer, so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich halten“ (Psalm 139,9 LUT).
David hat erkannt: Selbst wenn ich weglaufe – Gott bleibt da. Selbst wenn ich denke, ich sei weit entfernt – seine Hand hält mich. Auch wenn ich mich verschließe – seine Gegenwart lässt sich nicht abschütteln.
Das tut mir gut. Es tröstet. Denn es bedeutet: Ich bin nie allein. Nichts kann mich trennen von Gottes Liebe – weder äußere Umstände noch meine inneren Kämpfe. Seine Liebe ist bedingungslos. Sie gilt mir. Immer.
Und zugleich spüre ich da manchmal auch ein gewisses Unbehagen. Denn wenn Gott immer da ist – dann sieht er auch die Seiten an mir, die ich selbst am liebsten verdränge. Die dunklen Ecken. Die schlechten Entscheidungen. Die Worte, die ich bereue.
Und trotzdem: Gottes Liebe gilt. Auch dann. Gerade dann.
Er streckt mir seine Hand entgegen – nicht, um zu verurteilen, sondern um mich zu halten, zu leiten, wieder auf den richtigen Weg zu bringen.
Davids Worte sind mehr als eine Art Selbstberuhigung nach dem Motto: „Angst, geh weg!“ – sie sind ein Gebet. Er spricht mit Gott. Er weiß, wo er hin kann – mit seiner Angst, seiner Schuld, seinem ganzen Leben.
Und da sind wir wieder bei den geschlossenen Augen.
Manchmal tut es gut, die Augen zu schließen. Nicht, um vor der Welt zu fliehen – sondern um sich zu erinnern: Gott ist da. Seine Zusagen gelten.
Er sagt: „Ich bin da für dich. Ich schenke dir Geborgenheit. Ich schütze dich. Ich helfe dir. Bei mir bist du sicher.“
Sei gesegnet.
„Wenn du denkst, du hast dich gut versteckt, steht Gott schon lächelnd daneben“ (unbekannt).