Zwei stehende, betende Männer

Eine Zusage voller Sprengkraft

Jürgen Ferrary
18. Januar 2025

Manchmal schimpfe ich über sie, „die Kirche“: Wenn sie wieder Dinge predigt, die mehr mit Politik als mit Glaube zu tun hat, wenn sie biblische Wahrheiten aufweicht oder auch, wenn sie „ihre letzten Mitglieder“ heraus-langweilt. Ja, manchmal kann ich sehr lieblos sein, und ich weiß, dass das eigentlich nicht richtig ist.
Aber es zeigt doch ein Stück, dass mir „die Kirche“ am Herzen liegt, dass mir ihr Schicksal nicht egal ist. Und ganz ehrlich: So manche Kritik hat ja auch ihre Berechtigung. Es tut mir weh zu sehen, dass die beste Botschaft der Welt anscheinend so nach und nach auf den Schrottplatz der Geschichte abgelegt wird – zumindest in unserem Land.

Denn in anderen Ländern sieht es ganz anders aus. Weltweit wächst die Christenheit, weltweit halten die Menschen selbst dort am Evangelium fest, wo es verboten ist, erzählen anderen von der Liebe Gottes, selbst, wenn sie dafür mit Strafen bedroht werden.

Und dann hatte ich den Eindruck, dass Gott geradewegs in diese Gedanken zu mir gesprochen hat. Ein Bibelvers wurde plötzlich vom Logos – vom geschriebenen Wort – zum Rhema, zum lebendigen Ereignis, um es mit theologischen Fachbegriffen zu bezeichnen.

Es geht um ein Wort, das Jesus fast schon lapidar sagt, das aber eine enorme Sprengkraft hat. Er sagt: „Denn wo zwei oder drei Menschen in meinem Namen zusammenkommen, da bin ich selbst in ihrer Mitte“ (Matthäus 18,20 BB). Oft schon habe ich diese Worte gehört, oft habe ich sie ein Stück in meinem Kopf als „theoretische Wahrheit“ abgelegt, die mich aber ebenso wenig emotional traf, wie irgendeine Nachricht, die ich so nebenbei in der Zeitung lese und die mich nicht betrifft.

Dabei ist die Zusage von Jesus voller Sprengkraft. Wenn du und ich uns treffen, um in der Bibel zu lesen, zu beten, um Zeit zusammen mit Jesus zu verbringen, dann verspricht Jesus, dabei zu sein. Wenn wir uns dann unterhalten, wenn wir nach der Wahrheit suchen, wenn wir Wünsche und Sehnsüchte formulieren, dann steht Jesus bei uns und hört uns wohlwollend zu.

Das bedeutet nichts anderes als: Da, wo sich Christen treffen, ist geistliche Gemeinschaft – mit Jesus im Zentrum – und das meine ich nicht philosophisch, sondern ganz konkret. Und solch eine Gemeinschaft nennt man „Ecclesia“, was übersetzt „Kirche“ bedeutet.

Ich kann also gar nicht über „die Kirche“ meckern, denn „die Kirche“, das sind wir, wenn wir zusammenkommen; keine Institution, aber die geistliche Gemeinschaft, von der die Bibel spricht, wenn sie sagt, dass sich die ersten Nachfolger nicht nur in den Gotteshäusern, sondern auch in den privaten Häusern trafen.

Lass das einmal auf dich wirken. Du bist Kirche. Du magst die eine oder andere Institution kritisieren, die eine oder andere kulturelle Ausprägung von Institution, aber Kirche, das ist etwas anderes. Und wenn „die Kirche“ in unserem Land am Tropf hängt, wenn sie am Sterben ist, dann liegt es an uns, mit dem Schimpfen aufzuhören und etwas zu tun, Kirche zu gestalten, Kirche neu zu beleben.

Kirche ist nicht etwas Externes, wo ich am Sonntag hineingehe und danach für den Rest wieder heraustrete, Kirche ist immer da, wo Christen zusammenkommen. Also lasst uns die Ärmel hochkrempeln und etwas dagegen tun, dass Kirche schrumpft (zumindest äußerlich).

Wie kann das geschehen? Auch hier trifft der Satz von Jesus ins Schwarze, denn wenn wir in seinem Namen zusammenkommen, dann ist Jesus mitten unter uns. Seine Kraft ist da, sein Geist ist da, seine Liebe ist da. Die Frage ist: Lassen wir uns von seiner Gegenwart berühren? Lassen wir uns ausstatten? Lassen wir uns beauftragen und senden? Lassen wir uns ausrüsten und sind wir bereit, seine Liebe, seine Power, seine gute Botschaft zu teilen und sein Reich wirklich zu bauen?

Immerhin beten wir doch regelmäßig: „Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden!“ Sei Wille ist es doch, dass wir uns zum Teil seines Plans machen lassen und sein Reich bauen. Siehst du, ein kleiner, unscheinbar wirkender Satz ist eine Zusage voller Sprengkraft.

Die Kirche, das bist du, das bin ich – und Jesus, das Oberhaupt ist mittenmang dabei, großartig.

Sei gesegnet!

„Viele Leute halten es mit der Kirche wie mit dem Staat. Sie schieben alles Versagen auf ihn und haben vergessen, dass sie der Staat sind“ (August Everding).

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