In meinem Theologie-Studium war ich umgeben von klugen Köpfen, Mitstudenten, Professoren und Lehrern. Einer schlauer als der andere. Jeder mit glänzenden Argumenten, beeindruckenden Lebensläufen, messerscharfer Rhetorik. Und ich? Ich saß da, lauschte und fragte mich still: Bin ich eigentlich klug genug für diese Welt?
Aber dann kam plötzlich eine andere Frage hoch: Bin ich vielleicht zu klug, um Gott wirklich zu verstehen?
Diese Frage ließ mich nicht mehr los. Denn wir leben in einer Zeit, in der Wissen alles ist. Google weiß alles, ChatGPT weiß (fast) alles – und wenn du etwas nicht weißt, wirkst du schnell inkompetent. Wir posten unsere Erfolge, optimieren unsere Lebensläufe und zeigen ungern Schwächen. Wer heute „weise“ sein will, muss up to date, gebildet, informiert und wortgewandt sein.
Und dann lese ich diesen Vers aus 1. Korinther 3,18-19 (BB) – und spüre, wie Gott mein Weltbild freundlich, aber bestimmt in Frage stellt:
„Niemand soll sich etwas vormachen! Wenn sich jemand von euch in dieser Zeit für weise hält, muss er zunächst dumm werden. Erst dann kann er wirklich weise werden. Denn die Weisheit dieser Welt ist für Gott reine Dummheit.“
Autsch.
Was Paulus da schreibt, klingt erst mal völlig paradox. Wir sollen dumm werden, um wirklich weise zu sein? Aber genau das ist Gottes Logik: Wer meint, alles zu wissen, hat keinen Platz mehr, um Neues zu lernen. Wer sich selbst für schlau hält, braucht keinen Lehrer. Und wer sich für weise hält, der wird taub für die leise Stimme Gottes.
Ich glaube, was Paulus hier meint, ist kein Aufruf zur Dummheit – sondern ein Aufruf zur Demut. Ein Mensch, der „dumm wird“, ist jemand, der bereit ist, von seinem hohen Ross zu steigen. Der sagt: „Ich habe nicht alles im Griff. Ich verstehe nicht alles. Und ich will lernen – von Gott.“
Echte Weisheit beginnt da, wo ich Gott zutraue, dass seine Gedanken höher sind als meine. Dass seine Wege manchmal unlogisch erscheinen, aber am Ende zu echtem Leben führen.
Jesus selbst hat das vorgemacht: Er war der Sohn Gottes – aber ist als einfacher Wanderprediger durchs Land gezogen. Kein Doktortitel. Kein Palast. Kein Prestige. Und doch hat er das Herz Gottes besser verstanden als jeder andere.
Vielleicht ist es also Zeit, dass wir uns nicht länger vormachen, alles zu wissen. Vielleicht ist es Zeit, „dumm“ zu werden – im besten Sinne: offen, ehrlich, lernbereit.
Ich möchte dich heute herausfordern: Wo hältst du dich für besonders klug – in deinem Glauben, deinen Lebensentscheidungen, deinem Weltbild? Und wo könnte es dran sein, diesen Bereich Gott neu hinzulegen?
Denn nur wer leer ist, kann gefüllt werden.
Sei gesegnet!
„Es ist keine Schande, nichts zu wissen – wohl aber, nichts lernen zu wollen“ (Gilbert Keith Chesterton).