Halbvoll oder halbleer

Wohin schaue ich eigentlich? Das beinhaltet die berühmte Frage, ob ich das Glas halbvoll oder halbleer sehe – also, ob ich nach oben oder nach unten schaue. Blicke ich positiv auf Dinge mit der Hoffnung, dass alles gut wird oder schaue ich eher verhalten nach vorne? Lasse ich mich aufbauen, weil ich nach oben schaue oder lasse ich mich mit nach unten ziehen, weil ich eher das Negative sehe?

Wohin schaue ich?

Eine andere Frage ist aber auch wichtig, nämlich: Wohin schaue ich eigentlich in meinem Leben? „Dein Auge ist das Fenster deines Körpers. Ein klares Auge lässt das Licht bis in deine Seele dringen, doch ein schlechtes Auge sperrt das Licht aus und stürzt dich in Dunkelheit“ (Lukas 11,34) – mahnt Jesus einmal seine Freunde. Ein nicht ganz einfacher Text. Was meint Jesus damit?

Gefahr sehen

Jesus benutzt wieder einen Fakt aus dem normalen, menschlichen Leben und setzt diesen in die geistliche Dimension um. Wenn ich gute Augen habe, dann kann ich die Gefahr sehen, die auf mich zukommt. Wenn ich schlechte Augen habe, laufe ich Gefahr, dass ich Dinge übersehe und in ein Loch stürze.

Innere Bilder

Und genau so geht es mir in meinem geistlichen Leben. Ich muss mich also fragen: Wie gut ist mein geistliches Auge? Vieles, was wir uns anschauen, geht uns tief bis in die Seele. Wenn du etwas Schlimmes gesehen hast, einen Verkehrsunfall zum Beispiel, dann verfolgt dich das lange. Du bekommst Alpträume, denkst immer wieder daran und vergisst diese inneren Bilder nicht.

Abgestumpft

Leider sind wir aber in vielen Bereichen schon abgestumpft. Gewalt, Blut und Tod gehören zum Alltag, sobald ich den Fernseher anschalte. Früher gab es einen Aufschrei, wenn in einer Werbung etwas Haut gezeigt wurde, heute gehört Pornografie selbst für Grundschuldkids mit Smartphones zum Alltag dazu. Das macht etwas mit der Seele – und es trübt das geistliche Auge. Es scheint heute kaum noch möglich, sich wirklich auf Jesus zu verlassen, es sei denn, man geht in ein Kloster fernab der Zivilisation.

Folge mir nach!

Mir geht es oft so, dass ich denke: Wenn ich nichts hätte, keine Familie, keine Freunde, keinen Besitz – dann wäre es einfach, sich ganz auf Jesus zu verlassen. Aber so ist es immer ein Spagat. Ich muss doch auch schauen, dass ich alles unter einen Hut bekomme. Wenn Jesus mich ansprechen würde: „Komm, folge mir nach…“ und mich aus meiner Familie herausrufen würde, so dass ich wie Paulus oder Petrus Missionar in der Ferne werden muss, wie soll das funktionieren? Finde den Fehler…

Getrübter Blick

Merkst du, wie mein Blick getrübt ist? Warum sollte Jesus das machen: Mir erst eine Familie schenken, Kinder, einen Job, ein soziales Umfeld – um mir dann alles wieder zu nehmen und zu sagen: „Jürgen, geh du allein nach Timbuktu…“? Es ist doch eher meine etwas verrückte Fantasie, die so etwas sagt. Und überhaupt: Wer ist eigentlich Herr in meinem Leben? Wieso muss ich alles unter einen Hut bekommen?

Licht kann nicht durchdringen

Eigentlich zeigen meine Gedanken, dass meine Augen schon so blind sind, dass Gottes Licht kaum noch bis in meine Seele dringt. Nicht Gott steht im Vordergrund, sondern ich – meine Wünsche, meine Sehnsüchte, meine Ängste, meine Pläne. Jesus hat mir ein erfülltes Leben versprochen, ja, das weiß ich. Aber, wie dieses auszusehen hat, das möchte ich bestimmen.

Leben in Fülle

Und dann wird der nächste Urlaub, der Karrieresprung, das Haus (…) schnell wichtiger, als das, was Jesus dazu zu sagen hat. Und, wenn ich dann mal wieder ausgebrannt auf dem Sofa sitze, weil alles nicht so klappt, wie ich mir das vorgestellt habe, dann kommt schnell der Vorwurf hoch: „Jesus, so habe ich mir das aber nicht vorgestellt! Wo ist das Leben in Fülle denn jetzt?“

Achtsam sein – worauf ich schaue

Im normalen Leben brauche ich seit einiger Zeit eine Brille, um zum Beispiel wieder lesen zu können. Geistlich gesehen kann unser Auge wieder klar werden, indem ich wirklich darauf achte, worauf ich schaue. Das fängt mit Äußerlichkeiten – wie Fernsehen, Computer etc. – an und mündet in die Frage, auf welches Fundament ich mein Leben baue: auf mich mit Jesus als Beiwerk oder auf Jesus, dem ich vertraue.

Licht Gottes

Ein kribbeliges Thema, bei dem ich unbedingt noch wachsen will und wachsen muss, denn: Ein klares Auge, welches das Licht Gottes bis tief in meine Seele hineinlässt, lässt mich den richtigen Weg in meinem Leben eher erkennen als ein Auge, das trüb und fast blind geworden ist.

Brille putzen

Mein Next Step für heute ist, dass ich mich fragen will: Wenn ich nach vorne schaue – vielleicht erst einmal nur für die nächste Woche oder den nächsten Monat, – wo schaue ich auf mich und wo schaue ich auf Jesus? Und dann werde ich mal wieder die Brille putzen.

Sei gesegnet!

Weitere Gedanken sowie ein Song zum Tag – zum selbst Lesen oder weiterleiten – gibt es hier: https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de