Leuchtturm spiegelt sich im Wasser

Schinkel-Bau

Vor Jahren war ich für den CVJM in der Nikolaikirche in Potsdam angestellt. Das war ein großartiger Job. Oft waren wir abends ganz allein in dem riesigen, Licht durchfluteten Gebäude und konnten so bis in die hintersten Ecken und verstecktesten Winkel vordringen. Der alte Schinkel-Bau war zum Teil unterkellert, hatte vier begehbare Türme eine ebenso begehbare Kuppel und schier unendlich viele Räume, Verstecke und Geheimnisse.

Unterkirche

Es dauerte nicht lange, da kannte ich die Orte, an denen wir unsere Veranstaltungen hatten, wie meine Westentasche: Das Gewölbe, in dem unser Jugendraum lag, die Küche, unser Jugendcafé MoCCa und die sogenannte Unterkirche, durch die man eigentlich fast immer durch musste, wenn man von einem Bereich zum anderen oder auch nur auf die Toilette wollte.

Es gab nur einen Lichtschalter. Wenn ich also abends meinen Kontrollgang lief, um zu schauen, ob rund herum alle Außentüren abgeschlossen waren, dann musste in einem von der Unterkirche abgehenden Gang Licht brennen, da ich das Licht in der Unterkirche nur an genau der gegenüberliegenden Seite ausschalten musste.

Stockfinster

War kein Licht im Gang gegenüber, war es nach dem Ausschalten des Lichts in der Unterkirche stockfinster. An einem Abend schauten meine Jugendlichen noch einmal in die Unterkirche und verabschiedeten sich, als ich gerade alles abschloss. Dann gingen sie durch den kleinen Gang zur Außentür, schalteten dann aber, bevor sie das Gebäude verließen, das Licht aus.

Da stand ich nun. Der Lichtschalter an der einen Seite des Raumes, der andere zum Ausgang an der anderen Seite. Ich hätte herübergehen können, Licht im Gang einschalten können, wieder zurück zum Lichtschalter in der Unterkirche, Licht in der Unterkirche ausschalten und dann wieder auf die andere Seite zum Gang, der zum Ausgang führte.

Tat ich aber nicht. Ich war zu faul. Außerdem kannte ich diese Unterkirche ja „wie meine Westentasche“. Ich schaltete also das Licht aus und stand sofort in absoluter Finsternis. Kein Problem, dachte ich und begann einen Fuß vor den anderen zu setzen. Nach ein paar Schritten wurde ich mutiger und lief schneller.

Das wiederum endete in einem sehr schmerzhaften Zusammenstoß mit einer Reihe Stühle, die jemand an eine Stelle gestellt hatte, an der ich sie nicht erwartet hatte. Ich stolperte, fiel über einen Stuhl, landete auf einer Lehne und brach mir eine Rippe.

Gelernt

Eines habe ich an diesem Tag gelernt. Nicht nur, dass eine kaputte Rippe wirklich weh tut (und man sechs Wochen lang echt leidet – jedes Husten, jedes Lachen ist furchtbar schmerzhaft), sondern: Auch, wenn ich mich sicher fühle, so ist es echt gefährlich, nichts zu sehen.

In meinem Leben ist es oft genau so. Ich fahre auf Sicht. Und wenn ich gar nichts sehen kann, dann vertraue ich auf meine Erfahrung. Ich bin diesen Weg doch schon 100 x gegangen. Ich weiß doch, wie ich meinen Job machen muss. Ich bin doch schon 20 Jahre lang verheiratet. Ich weiß doch, wie das Leben funktioniert.

Dein Wort ist wie ein Licht

Aber ein Leben ohne Sicht und damit ohne Orientierung kann leicht zu einer schmerzhaften Erfahrung werden, weil Dinge im Weg liegen, die wir nicht erwartet haben. „Dein Wort ist wie ein Licht in der Nacht, das mir den Weg leuchtet„, (Psalm 119, 135) schreibt David.

Wie oft bräuchte ich so einen Leuchtturm, eine Orientierung, eine Wegweisung. Das würde mir viel Schmerz und Leid ersparen. In der Unterkirche hätte ein kleines Teelicht ausgereicht, um den Zusammenstoß zu verhindern.

Bin ich bereit?

Aber umgekehrt stellt sich mir die Frage: Wie bereit bin ich, in Gottes Wort zu lesen, wenn das den Anspruch erhebt, ein Orientierungs-Licht für mein Leben zu sein. Bin ich ebenso zu faul, wie damals, als ich nicht zwei Gänge durch die Unterkirche laufen wollte? Und eine zweite Frage: Damals wusste ich, was ich hätte tun müssen und tat es nicht. Wenn die Bibel mir Wegweisung und Orientierung geben will, damit ich nicht scheitere oder gegen die Wand (besser gegen einen Stuhl) laufe, bin ich überhaupt bereit zu tun, was richtig ist? Oder lebe ich in dem „Wissen“: Ist ja bisher alles gut gegangen, wird schon funktionieren (es sei denn, jemand legt mir Hindernisse in den Weg).

Orientierung

Ich möchte Orientierung und Wegweisung. Der Schmerz damals hat mich verändert – nie wieder bin ich im Dunkeln durch die Unterkirche gegangen. Vielleicht sollte ich im Leben schlauer sein und nicht erst scheitern.

Hier zwei helfende Links, falls du mitmachen möchtest:

Bei der YouVersion-App findest du sehr gute Bibel-Lesepläne zu verschiedenen Themen – findest du in einem App-Store oder unter: https://www.bible.com/de/

Und online findest du hier gute Pläne: https://www.die-bibel.de/bibeln/hilfen-zum-bibellesen/bibelleseplaene/

Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de