Mit Händen ein Gefäß an der Töpferscheibe herstellen

Will ich ein anderer sein?

Als meine Kinder noch etwas kleiner waren, haben sie sich gerne mit Helden aus Filmen identifiziert. Sie saßen fasziniert vor dem Fernseher und diskutierten darüber, „wer“ sie aus dem Film seien – nicht sein wollten, sondern seien. Manchmal waren es auch mehr als eine Person, wobei das Geschlecht keine Rolle gespielt hat: „Ich bin der und die da…“, hieß es dann oft. 

Ich war dann manches Mal ein wenig überfordert, wenn mich einer der Kinder fragte, wer ich denn sei. Ich bin doch ich. Ich will doch gar niemand anderes sein. Will ich nicht?
 
Wenn wir Menschen mit dem zufrieden sind, wer oder was wir sind, weshalb schielen wir dann eigentlich so oft nach rechts und links? Warum geben wir uns dann in bestimmten Situationen oder bestimmten Umfeldern anders, als wir eigentlich wirklich sind? Das muss nicht immer Fasching oder Karneval sein, wo wir in eine andere Rolle schlüpfen. 
 
Mancher mietet sich ein teures Auto, um für ein paar Stunden den Eindruck zu haben, wohlhabend zu sein. Manch einer gibt im Urlaub vor, wo ihn niemand kennt,  jemand anderes zu sein. Ich kenne sogar Menschen, die haben sich mit etwas dubiosen Tricks Einladungen zu Promi-Partys besorgt und dann natürlich auch daran teilgenommen. 
 
Und selbst wer das Gefühl hat, „so jemand“ ja nicht zu sein, dann gibt es, wenn wir ganz ehrlich sind, immer wieder Phasen im Leben, da wären wir tief in uns gern ein anderer Mensch. Vielleicht jemand, der mehr Geld hat oder ein größeres Auto besitzt, sich den schöneren Urlaub gönnen kann oder bei irgendeiner Sportart glänzt. 
 
Man sehe sich nur die Augen von einigen an, wenn sie an hochrangigen Autohäusern vorbeilaufen oder ein teurer Wagen an ihnen vorbeifährt. Bei den anderen, sind es sicherlich andere Dinge, die die Seele zum Schwingen bringen. 
 

Fragen über Fragen

Warum bin ich nicht als royaler Prinz geboren worden oder als Filmstar? Warum werde ich mit meiner Musik oder meinem Sport nicht berühmt? Warum wirken die wie eine glückliche Familie, nach der ich mich so sehne, und warum sind deren Kinder eigentlich so anders als meine. 
 
Vielleicht etwas klischeehaft, aber ich denke, dass die meisten Gefühle dieser Art kennen. Und sofort bin ich in einem Gewissenskonflikt, denn auf der einen Seite möchte ich mich nicht in die Schöpfung Gottes einmischen. Hat Gott mich nicht zu dem gemacht, der ich bin? Sagt Paulus nicht: „Wenn ein Töpfer Gefäße aus Ton formt, hat er da nicht das Recht, aus demselben Klumpen Ton ein Gefäß für besondere Anlässe und ein anderes für den gewöhnlichen Gebrauch herzustellen“ (Römer 9, 21 NLB)? 
 
Und impliziert er nicht damit, dass ich zufrieden sein soll mit dem, wer ich bin und was ich habe, weil Gott sich etwas dabei gedacht hat, als er mich erschaffen hat? Auf der anderen Seite sehe ich doch meine Talente und eine Reihe offener Türen, durch die ich in meinem Leben gehen könnte.
 

Soll ich also stehen bleiben oder gehen?

 
Stehenbleiben ist immer eine schlechte Variante. Wer stehenbleibt, der kommt nicht voran. Aber mit dem Kopf durch die Wand wollen ist ebenso fatal. Wenn Gott mich erschaffen hat, dann weiß er, was mein Leben glücklich macht. Und wenn Gott mich liebt, dann wird er es mir auch zeigen.
 
Es ist also weniger die Frage, ob ich gehe, als die Frage wohin ich gehe. Und es ist die Frage, wovon ich mich leiten lasse – von Gott oder meinem Ego. 
 
Wichtig ist es, den Weg zu finden, der zu mir passt. Das mag das Anwesen im Grunewald sein, aber auch die Einzimmerwohnung im Hinterhaus in Kreuzberg. Beides kann Teil eines glücklichen oder eines unglücklichen Lebens sein. Wenn Gott der Töpfer ist und ich sein Gefäß, dann ist es erst einmal gut, nicht ständig unzufrieden mit dem zu sein, was der Töpfer da mit seinen Händen aus meinem Leben macht. 
 
Denn es bedeutet, dass ich sowohl als „Gefäß für besondere Anlässe“ oder auch eines „für den gewöhnlichen Gebrauch“ glücklich werden kann, denn ich bin nunmal ich – und niemand anderes.
 
Wenn du mit deinem Leben unzufrieden bist, dann sprich mit Gott drüber. Und bleibe nicht dabei stehen, Gott zu sagen, was dir alles nicht gefällt, sondern bitte ihn ehrlich darum, dir zu zeigen, in welche Richtung du gehen sollst, um glücklich zu werden. Mancher Traum wird dabei ein Ziel sein, ein anderer aber vielleicht eine Blase, die schnell platzt. 
 
Gott weiß, was dich wirklich erfüllt. Deswegen vertraue ihm – und wenn er eine Tür öffnet, dann gehe mutig hindurch. 
 
Wenn ich mit meinen Kindern einen Film schaue, dann weiß ich, wer ich sein will. Der glückliche Papa, der dankbar ist für diese zwei wundervollen Kinder.
 
Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de