Ich wäre so gerne …

Ich frage mich oft, warum wir Menschen so gerne jemand anderes sein wollen. Das fängt in der Kindheit an, wo ich Prinz oder Prinzessin, Superheld oder Cowboy sein möchte. Das gehört ganz normal zur Identitätsfindung dazu. Aber auch, wenn ich größer bin, lässt mich diese Sehnsucht nicht in Ruhe. Ich wär so gerne, wie …

Ich wünsche mir, dass meine äußeren Lebensumstände ebenso anders wären wie mein Aussehen oder mein Charakter. Ist dir schon einmal aufgefallen, wie viele Menschen mit glatten Haaren viel Geld und Zeit investieren, um sich durch Dauerwelle und Lockenwickler Locken zu machen, wie viele Menschen mit Locken aber gleichzeitig viel Geld und Zeit investieren, um sich die Haare zu glätten? (Von der Veränderung der Haarfarbe will ich gar nicht erst anfangen …) Verrückt, oder?

Schönheit oder Abgrenzung

Menschen gehen ins Solarium, um brauner und damit „gesünder“ oder „schöner“ auszusehen, während Menschen mit dunklerer Hautfarbe manches Mal selber darunter leiden. Auf der einen Seite braun als Schönheitsideal, auf der anderen etwas zum Abgrenzen.

Menschen schauen auf andere Menschen mit dicken Autos oder teuren Klamotten, als wären die Garant dafür, dass sie ein glücklicheres Leben leben könnten. Andere reden von „inneren Werten“, sind aber selbst so unzufrieden über ihr Äußeres, dass sie dafür sogar unters Messer gehen würden. Und so weiter.

Rauschzustand

Richtig dramatisch finde ich es, wenn Menschen mir antworten, sie würden deshalb Drogen oder andere berauschende Substanzen konsumieren, weil sie sich dann Dinge trauten, die sie sich sonst nicht trauen. Weil sie dann charakterlich anders sind (oder meinen zu sein) als ohne Rausch. Wenn der Rauschzustand da ist, dann haben sie mehr Mut, haben ein größeres Selbstbewusstsein, können anders auftreten.

Wohnach sehnen wir uns?

Meine Frage lautet dann immer: Was fehlt uns eigentlich, dass wir unserem Leben so oft entfliehen müssen? Wonach sehnen wir uns im Alltag, dass wir im Urlaub oder am Wochenende in eine andere Rolle schlüpfen müssen? Ich rede nicht davon, dass wir unser Wochenende oder unseren Urlaub genießen. Ich rede nicht davon, dass wir zusammen einen Wein oder ein Bier trinken. Ich spreche nicht davon, dass wir uns in der Gruppe anders benehmen, als wenn wir alleine sind.

Ich spreche von der Sehnsucht anders zu sein als man ist. Ich spreche davon, dass wir Menschen so oft nach rechts und links schmulen und denken, andere seien glücklicher als wir. Wenn ich dünner wäre, schlauer, eine andere Haarfarbe hätte, sportlicher, ein schickeres Auto hätte oder ein Einfamilienhaus, wenn mein Urlaub weiter wegginge, mein Hobby ausgefallener wäre, ich mehr Ansehen genießen würde, einen anderen Job hätte oder mein Bankkonto dicker wäre, dann, ja dann wäre ich bestimmt glücklicher.

Bin ich glücklicher, wenn ich anders wäre?

Komisch nur, dass anscheinend so ziemlich jeder irgendwo hinschielt, weil er unzufrieden ist. Was ist es, das uns im Leben fehlt? Warum denke ich so oft, ich wäre glücklicher oder zufriedener, wenn ich anders wäre, als ich bin? Und warum fällt es mir so schwer, im Umkehrschluss zum Beispiel 10 kg abnehmen, wenn mich mein Bauch so stört?

Unser Selbstbewusstsein sollte weder vom Bankkonto, von meiner Figur oder meinem Rauschzustand abhängen, sondern davon, wer ich bin. Wir sind kein Zufallsprodukt, das irgendwie auf die Welt geplumpst ist und jetzt irgendwie klarkommen muss. Gott kannte uns, bevor wir geboren wurden. David benutzt in einem seiner Lieder die Worte: „Du (Gott) hast mich mit meinem Innersten geschaffen, im Leib meiner Mutter hast du mich gebildet“ (Psalm 13, 13).

Kein Zufall

Ich glaube fest daran, dass es kein Zufall ist, dass ich hier bin, sondern Gottes Wille. Und ich bin fest davon überzeugt, dass mein Lebensglück von anderen Faktoren abhängt als Aussehen, Geld, Erfolg oder Einfamilienhaus (obwohl absolut nichts dagegen einzuwenden ist). Gott kennt uns und kennt auch meine Lebenssituation. Und Gott kann (und will und wird, wenn ich ihn lasse) mir ein Leben schenken, dass so erfüllt und reich ist, dass ich diesem Leben nicht mehr entfliehen muss.

Gott kennt uns und weiß, wie wir ticken. Deswegen wird ein glückliches Leben bei dir wahrscheinlich anderes aussehen als bei mir. Wichtig ist, dass wir ihn, Gott, es auch gestalten lassen.

Sei wie du bist

Ich wünsche dir, dass du es zulässt, dass Gottes Liebe dir Selbstbewusstsein schenkt, Gottes Wege offene Türen, Gottes Nähe Lebensglück. Ich wünsche Dir, dass du dein Leben anschaust und denkst: „Yeah, das ist gut!“ Und ich wünsche dir, dass du dennoch Träume und Wünsche hast, die realistisch sind (wie bei mir z. B. 10 kg weniger …) und für die es sich lohnt zu kämpfen und dass du es schaffst, so zu sein wie du bist.

Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de