Frauen und Männer feiern

Groß oder kleine Gemeinde?

Als ich in einer Gemeinde in Teltow als Pastor arbeitete, gab es dort um ein Thema oft Diskussionen: Ist es besser, eine große, starke Gemeinde zu werden oder ist es wertvoller, ein kleiner Kreis von reifen Christen zu bleiben? Es hatte den Anschein, als würden sich diese beiden Arten von Gemeinde unterscheiden.

Da gibt es die Gemeinden, die groß sind, in ihren Gottesdiensten ein Event-Gefühl vermitteln können, eben weil sie viele Ressourcen haben. Der Nachteil sei nicht nur eine gewisse Anonymität, sondern auch, dass Christen nicht in eine „geistliche Reife“ geführt werden würden. Das würde daran liegen, dass Gemeindemitglieder ein Stück „abtauchen“ könnten und nur als Konsumenten in Erscheinung treten würden.
 
Auf der anderen Seite gibt es Gemeinden, die eher klein sind, bei denen der oder die Einzelne zählen würde. Hier wäre das Entwicklungspotential viel größer, weil es eben auf den Einzelnen ankommen würde, um die Gemeinde überhaupt am Laufen zu halten. Deswegen wären in kleinen Gemeinden die Gemeindemitglieder „reifer“ im Glauben. Umgekehrt sind die vielen Menschen zu „eng“.
 
Ich saß immer zwischen den Stühlen, denn ich mag beides, die Intimität und Vertrautheit eines kleinen Kreises, in dem ich mich öffnen kann und meine innersten Gefühle zeigen, aber auch große Gemeinden mit schillernden, bunten Gottesdiensten, die ich genieße.
 

„Warum kann man nicht beides haben?“,

war meine Frage. Kann man! Denn beide Arten, seinen Glauben zu leben haben ihren Wert und sind gut und richtig – und beide Arten sind nicht neu. Von der ersten Gemeinde in Jerusalem heißt es: „Tag für Tag kamen die Gläubigen einmütig im Tempel zusammen und feierten in den Häusern das Abendmahl. In großer Freude und mit aufrichtigem Herzen trafen sie sich zu den gemeinsamen Mahlzeiten“ (Apostelgeschichte 2, 46 HfA).
 
Es ist nicht nur erstaunlich, dass die Gemeinde anscheinend täglich Gottesdienst feierte, sondern eben auch, dass die Treffen „im Tempel“ und „in den Häusern“ stattfanden. Und daneben gab es anscheinend auch noch Zusammenkünfte, die nur das Ziel von Gemeinschaft hatten, nämlich gemeinsame Mahlzeiten.
 
Aus dieser Bibelstelle habe ich viel gelernt. Ein kleiner Kreis von Menschen (Treffen in den Häusern) hat ein ungehöriges Potenzial, was geistliches Wachstum angeht und das in vielerlei Hinsicht. Im kleinen, vertrauten Kreis kann ich andere Fragen stellen als in einer großen Runde. Ich kann zudem meine Gaben eher entdecken, denn es ist einfacher, sich vor ein paar Vertrauten meines Hauskreises zu blamieren, als vor einer großen Gemeinde (sollte etwas nicht klappen) und vieles mehr.
 
Der Vorteil eines großen Gottesdienstes ist mit Sicherheit die Atmosphäre. Als ich das erste Mal im Gottesdienst einer Mega-Church in den USA mit Tausenden von Besuchern war, hat mich genau die umgehauen, denn alles war so professionell, so großartig, dass es einfach mega Spaß gemacht hat.
 

Kein Widerspruch

Heute denke ich, es wäre gut, sich nicht über den „richtigen“ Weg zu streiten. Die Bibel zeigt eben beides auf, kleine Hauskreise und große Treffen im Tempel. Mein Traum von Gemeinde ist ebenso beides, nämlich, dass ich Teil eines kleinen vertrauen Kreises bin, der mir alle Vorteile dieser Intimität gibt, dass ich aber auch in einen Gottesdienst gehen kann, den ich inhaltlich und vom äußeren Rahmen her absolut genießen kann (und äußere Rahmen gibt es ja unterschiedliche, von traditionell bis hin zu ultra-modern. Wir Menschen sind ja auch verschieden).
 
Wichtig ist, denke ich, überhaupt Teil von Gemeinde zu sein. Denn nur dann kann ich mich „einmütig“ mit anderen treffen und werde die Freude von Gemeinschaft erleben. Dazu gehört mein aufrichtiges Herz und die Bereitschaft, mich in diese Gemeinschaft einzubringen. 
 
Groß oder klein sind kein Widerspruch, sondern für mich zwei Pole einer guten Gemeinde – Diskussionen darüber eigentlich unnötig. Erlebst du echte Gemeinschaft, in der du geistlich wachsen kannst, in der du aber auch einen Gottesdienst erlebst, der dich mitreißt? Wenn nicht, ist es eventuell Zeit, etwas zu unternehmen.
 
Sei gesegnet!
 

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de