Berg bezwingen

Vor einigen Jahren war ich mit einer Jugendgruppe in Norditalien. An einem schönen Sommertag wollten wir einen Berg bezwingen, den 1958 m hohen Monte Plauris. Das Wetter war großartig – nicht zu heiß, aber sonnig. Wir wollten die Tour in Etappen machen: Am ersten Tag sollte es mit einer großen Badepause an einem Fluss bis zur Chiesa di Sant’Antonio gehen. Dort gab es eine kleine Schutzhütte, in der wir schlafen wollten.

Großer Aufstieg

Den großen Aufstieg gingen wir am nächsten Morgen frisch und ausgeschlafen an. Es war traumhaft – bis auf das letzte Stück. Wir hatten einige damit Stunden verbracht, eine Wiese hinaufzuklettern, die so steil war, dass man vielleicht zehn oder 15 Schritte gehen konnte, dann stehenbleiben musste, um wieder Luft zu bekommen.

Dann standen wir auf dem Grat und mussten dort noch einige Kilometer weiter – links die steile Wiese, rechts ein Geröll-Abgrund, dafür aber eine Aussicht, die man kaum beschreiben kann. Kurz, bevor wir den Gipfel sahen, wurde es plötzlich schlagartig dunkel. Ein Gewitter braute sich zusammen. Wir beeilten uns und erreichten den Gipfel – müde und ein Stück ängstlich.

Der Himmel war jetzt schwarz – und in der Ferne konnte man Blitze zucken sehen. Kurz hinter dem Gipfel musste die nächste Schutzhütte sein, in der wir sowieso übernachten wollten – aber wir konnten nicht erkennen, wo der Weg langging.

Das Gewitter kam näher – und meine Sorge stieg. Ich rief also die Bergwacht an, um zu fragen, wie wir denn zu dieser Schutzhütte kommen würden. Antwort: „Ihr bleibt da, wo ihr seid!“ Also taten wir das.

Gefahr im Verzug

Als ein Blitz augenscheinlich in der Nähe einschlug und sich mir die Haare an Armen und Beinen aufstellten, wusste ich: Das hier ist alles andere als lustig. Wir waren am höchsten Punkt des Berges. Bäume gab es hier oben nicht mehr. Wir waren ein gefundenes Ziel für einen Blitz. Jetzt war wirklich Gefahr im Verzug.

Durch die Dunkelheit war es schwer nach irgendeinem Schutz zu suchen, aber schließlich wir fanden eine Fels-Spalte, in die wir alle passten.

Nun begann es heftig zu regnen. Blitze zuckten direkt über uns und zwischen ihnen und dem Donner gab es keine Sekunden mehr, die man hätte zählen können, um herauszufinden, wie weit das Gewitter noch weg war. Das Gewitter war direkt über uns. Ich gebe zu, dass ich in dieser Situation eines meiner intensivsten Gebete gesprochen habe. Ich bat Gott inständig, uns zu beschützen – und wenn, dann mich als den Verantwortlichen zu sich zu nehmen und nicht die Kids.

Nichts war passiert

Das Gewitter zog vorüber – nichts war passiert. Wir waren alle bis auf die Knochen nass, was unangenehm war, aber wir waren sicher. Es war jetzt auch deutlich kühler. Also hockten wir uns zusammen und wärmten uns mit den Schlafsäcken, die trocken geblieben waren. Einige schliefen ein – ich blieb wach, denn ich wollte aufpassen, dass niemand den Berg hinunterrollen würde.

Gegen 4:00 Uhr am Morgen tauchten auf einmal Bergretter auf, die sofort eine große Unruhe mit sich brachten. Die Retter weckten alle einzeln, um zu schauen, ob es ihnen auch wirklich gut ginge. Ging es – sie waren nur müde, weil sie mitten in der Nacht ruppig geweckt wurden.

Zwei Stunden später, um 6:00 Uhr, die Sonne stieg gerade am Himmel empor, kam plötzlich ein Helikopter, der uns alle ins Tal ins Krankenhaus flog. Das war aufregend und hat Spaß gemacht – war aber völlig übertrieben. Uns ging es gut. Wir waren etwas nass geworden, was bei etwa 25 Grad im Hochsommer auf einem Berg nicht zum Erfrieren führt. Das bestätigte der Arzt im Krankenhaus dann auch sofort.

Waren wir gerettet worden?

Lange Rede, kurzer Sinn: Mit dieser Geschichte schafften wir es bis auf die Titelseite der BILD-Zeitung: „Jugendgruppe aus Berlin in Norditalien vom Berg gerettet worden.“ Waren wir das? Waren wir gerettet worden? Wenn das Rettung bedeutet, dann verstehe ich nicht so ganz, worüber die Apostel sprachen, als Petrus zu den anderen meinte: „Wir glauben doch, dass wir allein durch die Gnade des Herrn Jesus gerettet werden. Dasselbe gilt auch für die Nichtjuden“ (Apostelgeschichte 15, 11).

Gerettet wovor? Gerettet woraus? Wir hätten am Morgen einfach zur Schutzhütte laufen können (denn bei Morgenlicht sahen wir sie unweit der Bergspitze), hätten es einen Tag ruhig angehen lassen und gut wäre es gewesen. Die Kids haben später zu Hause auch erzählt: „Wir durften Helikopter fliegen!“ und nicht: „Wir sind vom Berg gerettet worden!“

Wovor – woraus?

Das ist das Problem, wenn man mit Menschen über Jesus spricht. Früher haben es Leute noch verstanden, wenn man ihnen sagte: „Jesus rettet!“ Heute antworten die meisten: „Wovor?“ oder „Woraus? Uns geht es doch gut. Wir werden nicht unterdrückt, wir haben genug zu essen, wir dürfen reisen…“

Jesus rettet dennoch und zwar aus einer Gefahr, die nicht so ersichtlich ist, wie ein Blitz, der mir die Haare aufstellt. Jesus rettet uns aus dem, was die Bibel Sünde nennt. Sünde zerstört das Miteinander von Menschen: Lug, Betrug, Hass, Krieg, Neid und vieles mehr. Sünde zerstört aber auch unsere Beziehung zu Gott, denn Gott hat (sinngemäß) gesagt: „Ihr wisst, dass diese Dinge schlecht sind. Aber, wenn ihr sie trotzdem tut, dann müsst ihr die Konsequenzen selbst tragen. Und dann sind wir geschiedene Leute!“ Klingt hart, ist aber so. Hat uns Menschen trotzdem nicht interessiert. 

Schuld und Rettung

Und so bedeutet diese Rettung, dass ich Schuld (oder Sünde) loswerden kann – dass ich das, was ich alles schon als Mist in meinem Leben getan habe, hinter mir lasse. Und Rettung bedeutet, dass ich mit Gott Versöhnung erlebe. Das ist wirklich Rettung, denn nachdem ich Gott den Rücken zugedreht hatte, weil ich keinen Gott in meinem Leben brauchte, kann ich den Kontakt von mir aus nicht wiederherstellen.

Versöhnung

Und das ist Gnade, denn Gott bietet mir die Versöhnung an, die ich nicht verdient habe. Ich muss sie nur annehmen. In Italien gab es noch eine Diskussion, wer den Einsatz der Retter bezahlen sollte (hat die Regierung übernommen, weil sie wohl gesehen hat, dass er etwas übertrieben war). Bei Gott ist alles bezahlt. Jesus hat mit seinem Tod für alles bezahlt, was in meinem Leben bisher schieflief.

Ich wünsche dir ganz viel Gnade und dass du erlebst, was Rettung bedeutet: Versöhnung mit Gott, Versöhnung mit anderen Menschen, Heilung deiner Seele.

Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de