Auf dem Schreibtisch liegen Bücher und ein Apfel mit Buntstiften und ABC-Würfel

Nett gemeinter Spruch

Da war er wieder, der nett gemeinte Spruch: „Das war heute wirklich eine schöne Predigt!“ Sicherlich wollte mich mein Gegenüber ermutigen oder loben, aber wenn ich ehrlich bin, dann mag ich diesen Satz so überhaupt nicht. Er erinnert mich ein wenig an verklausulierte Formulierungen in einem Arbeitszeugnis. Es gibt eine Reihe Sätze, die auf den ersten Blick nett und positiv klingen, aber auf den zweiten Blick eben genau das Gegenteil bedeuten. 

Und ein Kompliment, eine Predigt wäre „schön“ gewesen, empfinde ich als solchen Satz, denn eigentlich bedeutet er doch: Meine Predigt hat sich nett angehört, war gut bildlich formuliert, ist aber ebenso wenig nachhaltig, wie die Anwendung in einem Wellness-Tempel. Man fühlt sich für den Moment gut, aber spätestens morgen ist alles wieder beim alten (wobei ich meinem Komplimente-Geber nicht unterstellen möchte, dass er das wirklich so gemeint hat).

Anstöße, die verändern

Es gibt Gespräche und Predigten, Bibelverse und Weisheiten, die mich herausfordern, bewegen, motivieren, die manchmal anstößig sind, mich ärgern oder mich sogar an meine Grenzen bringen, Impulse, die mich nicht loslassen. Das sind Anstöße, die wirklich verändern. 

Ich zumindest wünsche mir immer wieder solche Inputs für mein Leben, denn viele meiner alten Pfade, die ich gehe, sind ausgetreten und Veränderung wäre nötig und möglich.

Paulus schreibt an die Gemeinde in Philippi: „Was ihr gelernt und empfangen und gehört und gesehen habt an mir, das tut; so wird der Gott des Friedens mit euch sein“ (Philipper 4, 9 LUT). Gerade, wenn ich Bibel lese, eine Predigt höre oder eine Andacht lese, ist es wichtig, dass ich nicht nur mit meiner Teetasse in der Hand wippend in meinem Lehnstuhl sitze und das alles „ganz schön“ finde. Wichtig ist, dass ich Dinge tue, die ich lese oder höre. 

Ein Schatz für andere

Meine Predigt am Sonntag beinhaltete drei Punkte: 

1. Du bist von Gott auserwählt und geliebt (Epheser 1,4)
2. Du bist wertvoll (Psalm 139,14)
3. Du bist ein Schatz für andere und kannst einen Unterschied machen (1. Petrus 4,10) 

Der Moderator des Gottesdienstes fasste am Ende passend zum Kommentar des Gottesdienstbesuchers zusammen: „Wie gut es doch tut, mal wieder zu hören, dass Gott mich liebt!“ Das war’s. Meine Predigt war wohl doch nur „schön“, denn eigentlich  sollten aus den Punkten, dass wir Auserwählte, Geliebte und Wertvolle sind, folgen, dass wir ein Schatz für andere sind und einen Unterschied machen können. Und das ist wohl irgendwie hinten heruntergefallen…

Höre ich zu?

Und ich frage mich nun, zwei Tage später: Hätte ich, wäre ich auf der Seite der Zuhörer gewesen, das, was ich gehört und gesehen habe, auch umgesetzt? Oder hätte ich, weil es „so schön“ war, auch nur selektiv zugehört (diese Gabe haben wir Menschen irgendwie seit der Geburt, frag mal deine Eltern. Sie können sicherlich bestätigen, dass du oft gehört hast, was du nicht hören solltest, aber nicht gehört hast, was sie wollten, dass du es hörst – Stichwort Zimmer aufräumen, Hausaufgaben machen …).

Wenn ich mich manchmal frage, warum ich so wenig „Himmel auf Erden“ in meinem Leben sehe, warum ich mich oft genug immer noch nach einem „Leben in Fülle“ sehne und mir immer wieder wünsche, Gott würde mir mehr „Wegweisung“ in meinem Leben geben, dann kann das genau einer der Gründe sein. 

Ich höre, aber ich höre nur, was ich hören möchte – und bin oft vom Tun weit entfernt. Was wirklich lieb gemeint war, ein nettes Kompliment für meinen Dienst, bewegt mich nun seit zwei Tagen. Ich sage „Danke!“ Denn das war mit Sicherheit meine Lektion des vergangenen Sonntags. 

Gebet

Himmlischer Vater, wie oft lese ich nur aus deinem Wort, was ich lesen will, höre nur das, was ich hören möchte und entdecke nur Verheißungen, die mir guttun, aber, wenn es darum geht, dass du etwas von mir willst, dann sind meine Ohren schnell verschlossen. Bitte hilf mir, dass ich nicht nur höre, sondern auch tue und dann erlebe, wie du mit mir bist. AMEN

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de