Frau sieht sich eine Lichterkette an

Tagträume

Vor ein paar Tagen, als ich gerade meine Kinder mit dem Auto zur Schule gefahren habe, musste ich im Auto herzhaft lachen. Als ich in das Auto neben mir schaute, sah ich einen Mann in einer wirklich brüllend komischen Pose.

Er träumte offensichtlich einen Tagtraum, denn er starrte – trotz des dichten Verkehrs – ins Nichts. Das war aber nicht das einzige, was komisch war. Er hatte zudem einen Finger in der Nase und popelte ganz genüsslich. 

Ich dachte mir noch: „Na hoffentlich hat der trotzdem einen Blick auf den Verkehr…“ Plötzlich tauchten Schilder auf, die vor einer Baustelle und der Auflösung einer Spur – seiner Spur – warnten. Jetzt wurde es spannend. Wir fuhren noch ein Stück nebeneinander, dann war meine Spur etwas flotter als seine. 

Ich wollte aber wissen, was geschehen würde, hoffend, dass er nicht vor lauter Tagträumen in die Baustelle fahren würde. Im Spiegel sah ich noch, wie er kurz vor der Absperrung plötzlich hochschreckte  und mächtig auf die Bremse drückte. 

Da stand er nun und hatte keine Chance mehr, sich einzufädeln. Hinter ihm fuhren die anderen Autos im Reißverschluss-System auf meine Spur – er blieb, solange ich ihn noch sehen konnte, an der Baustelle auf seiner Spur eingeklemmt. 

Unachtsamkeit

„Dabei haben wir das doch schon in der Fahrschule gelernt, dass es wichtig ist, vorausschauend zu fahren!“, dachte ich mir und erschreckte mich ein Stück über meine eigene Arroganz. Ja, es ist richtig und wichtig, dennoch gibt es immer und immer wieder Dinge, die uns davon abhalten. 

Wer weiß, was dem Mann durch den Kopf gegangen war, was er gerade für Sorgen oder Kummer hatte – aber natürlich kann es auch sein, dass er einfach seinen Finger in der Nase genossen hat. Ganz gleich, was es war, er war abgelenkt und hat die Baustelle trotz Warnungen zu spät gesehen. Und jetzt musste er seine Unachtsamkeit ausbaden. 

Wobei ich mir sicher bin, dass irgendein Autofahrer ihn dann bestimmt noch auf die andere Spur gelassen hat. Wir Berliner sind doch freundlich. 

Vom Wesentlichen ablenken lassen

In unserem Leben ist es übrigens auch oft so, dass wir uns sowohl von Banalem, als auch von Sorgen und Problemen vom Wesentlichen ablenken lassen. Auch in unserem Leben gibt es Warnschilder, aber wir sehen sie vor lauter Geschäftigkeit nicht. Auch im Leben ist es nicht dumm, vorausschauend zu sein, aber oft leben wir in den Tag hinein und machen uns keine Gedanken. 

Aber bestimmte Dinge werden kommen. Das nächste Weihnachten zum Beispiel. Aber auch andere Dinge, wie die Tatsache, dass wir eines Tages diese Welt verlassen werden. König Salomo hat einst gesagt: „Der weise Mensch ist vorausschauend und rechnet mit dem, was kommt, die Narren aber betrügen sich selbst“ (Sprüche 14, 8 NLB).

Sei allzeit bereit!

Wenn wir nur träumend durch unser Leben gehen, dann sind wir wie Narren, denn es werden uns bestimmte Dinge treffen. Ich weiß, dass ich älter werde – und damit schwächer. Also wäre ein Umzug in den sechsten Stock ohne Fahrstuhl nicht weise. 

Ich weiß auch, dass ich eines Tages vor meinem Schöpfer stehen werde. Habe ich das auf dem Schirm und richte mein Leben ein Stück danach aus? Oder laufe ich auch Nase-bohrend und träumend Tag für Tag durch mein Leben, um dann völlig überrascht zu sein?

„Sei bereit – Allzeit bereit“ ist der Gruß der Pfadfinder. Da ist eine gute Erinnerung daran, vorausschauend durch das Leben zu gehen. 

Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de