Mann und Frau umarmen sich

Kann Streit produktiv sein?

Dass wir Menschen uns auch einmal streiten, scheint zu unserem Naturell zu gehören.  Dass es so etwas wie „Streitregeln“ gibt, lernen heutzutage die Kinder schon in der Schule: Immer schön auf der Sachebene bleiben und nicht persönlich werden, auf die Sprache achten, dann kann Streit zu etwas Produktivem werden. Aber dann kommt das wirkliche Leben und du hörst im Streit einen Spruch, auf den du nicht vorbereitet bist:

„Das hast du jetzt schon mehrere Male in deinem Leben so gemacht!“ Oder: „Damals, vor 12 Jahren, da hast du auch schon einmal …“ Auf solche Vorwürfe wird man weder in der Theorie noch in der Schule vorbereitet. Altes, wovon man lange dachte, es sei vergeben und vergessen, wird wieder an die Oberfläche geholt und als Waffe gegen einen eingesetzt. 

Plötzlich hält man uns einen Spiegel vor, der uns zeigen soll, wir hätten uns so gar nicht verändert. Dabei müsste der Spiegel eigentlich in die andere Richtung schauen. Es mag sein, dass auch wir fehlerhaft sind (sonst wäre es wohl nicht zum Streit gekommen), aber unser Gegenüber, der die Keule der Vergangenheit aufs Tablett gelegt hat, hat aber auch ein gehöriges Problem.

Wirklich vergeben!

Wer sich von der Vergangenheit nicht gelöst hat, der klebt mit seiner Seele daran. Wenn ich nicht gelernt habe, wirklich zu vergeben, dann belastet das mein Leben und nicht das Leben des anderen. Paulus schreibt einmal: „Seid vielmehr freundlich und barmherzig und vergebt einander, so wie Gott euch durch Jesus Christus vergeben hat“ (Epheser 4, 32 HfA).

Freundlich und barmherzig zu sein kann man in die Kategorie „Streitregel“ einsortieren. Das sind immer und jeden Tag gute Eigenschaften. Aber die folgenden Worte haben es in sich. Wir sollen anderen so vergeben, wie Gott uns durch Jesus Christus vergeben hat.

Das bedeutet vor allem zwei Dinge: Gott hat uns „durch Jesus Christus“ vergeben, indem er die Schmerzen auf sich genommen hat. Uns fällt es oft leicht, dem andren ein Vorwurf zu machen, den anderen zu bestrafen, den anderen spüren zu lassen, dass wir verletzt sind. Gott trägt all das selber. 

Das zweite ist ebenso wichtig, wie schwer. Wenn Gott vergibt, dann ist es so, als wäre das, was er vergeben hat, nie geschehen. Gott sagt: „Ich werde euch alles vergeben – um meinetwillen. Ich werde all eure Vergehen für immer vergessen“ (Jesaja 43,25 HfA).

Wenn wir sagen, wir würden vergeben, dann tun wir das Vergeben meist eher in eine Schublade. Wenn es ganz gut geht, dann benutzen wir einen Tintenkiller. Man sieht nur auf den ersten Blick nichts mehr. Die Schuld ist aber entweder nur in der Schublade versteckt – aber eben in uns noch da, oder aber (um es bildlich darzustellen) der  „Schuldschein“ in unserer Seele ist zwar wieder weiß, kann aber nicht noch einmal beschrieben werden, weil die Tinte nicht mehr hält.

Schuldschein

Bei Gott ist das anderes. Gott nimmt unseren Schuldschein und wirft ihn ins tiefe Meer. Er ist fort und kommt nie wieder zurück. Der Status ist so, als wäre die Schuld nie geschehen. 

Wenn wir nicht lernen, wirklich zu vergeben, loszulassen, Schuld wirklich zu tilgen, dann schädigen wir uns nur selbst. Wir finden sehr schnell Ausreden, warum wir das nicht können und warum wir diese oder jede Schuld nicht vergeben können. Aber die Tatsache bleibt bestehen: Die Last wiegt schwer in unserem Herzen und unserer Seele – und mit dieser Last müssen wir dann durch unser Leben kommen und wundern uns, warum uns an vielen Stellen die Freude fehlt.

Deswegen ist die erste und wichtigste Streitregel im Leben: Lass los, sei freundlich und barmherzig und vergib, so wie Gott dir durch Jesus Christus vergeben hat. Denn das macht dein Herz, deine Seele und dein Leben leichter. 

Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de