Eine Hand gibt der anderen ein Herz

Martin mit einem roten Mantel

Seit Donnerstag geben sie sich fast die Klinke in die Hand, kleine Grüppchen von Kindern, die mit Laternen in der Hand singend durch den Park laufen und an den Soldaten Martinius erinnern. Auch, wenn der eigentliche Gedenktag der 11. November war, so werden mit Sicherheit auch heute wieder eine ganze Reihe Gruppen auftauchen. Es wird immer wieder auch ein Ritter auf einem Pferd gesichtet, gekleidet – ganz wie Martin – mit einem roten Mantel.

Und immer wieder wird die Geschichte nachgespielt, wie Martin den Bettler vor den Stadttoren vor dem Erfrieren rettet, indem er seinen Mantel mit dem Schwert in zwei Teile teilt und dem armen Mann eine Hälfte davon abgibt.

Vom Soldaten zum Bischof

Was leider oft nicht erwähnt wird, ist, dass die Geschichte noch nicht zu Ende ist, denn der Soldat Martinius war ein frommer Mann, der seinen Glauben sehr ernst nahm. Im Jahre 351 ließ er sich von Bischof Hilarius von Poitiers taufen, hängte später seinen Beruf als Soldat in der Leibwache des Kaisers Konstantin II sogar an den Nagel und wurde Mönch. 

Später wählte man ihn sogar zum Bischof und das, obwohl sich Martin – als bescheidener, demütiger Mann – versucht hatte, dagegen zu wehren. Als man ihn suchte, versteckte er sich in einem Gänsestall. Doch, so sagt es die Überlieferung, die Gänse verrieten ihn, sodass es doch zur Wahl kam und Martin ein herausragender Kirchenmann wurde. 

Es lohnt sich, die Geschichte von ihm wirklich bis zum Ende, bis zu seinem Tod mit 81 Jahren einmal zu lesen, denn Martin muss eine ganze Reihe großartige Dinge getan haben. 

Großes Herz

Aber wischen wir den Staub von der Legende. Der Kern ist eigentlich klar. Natürlich gibt es viele Menschen mit einem großen Herzen, die keine Christen sind, aber es sollte keinen Christen geben, der kein großes Herz hat. Und hier taucht schon das große Problem auf, denn: Teilen ist nicht leicht! Es ist sogar eine große Herausforderung.

Mein Gefühl ist: Je älter wir werden, desto mehr klammern wir an dem, was wir haben. Wenn ich Kinder fragte, die beim Laternenumzug das Lied „Nur ein bisschen, klitzeklein, möcht ich wie Sankt Martin sein“ singen, ob sie denn von ihren zwei Barbies eine abgeben würden, denn das bedeutet das Lied im Klartext, dann würde ich  sicherlich in einige sehr erstaunte Gesichter schauen. (Oder bei Jungs vielleicht eine von zwei Paddel-Maschinen, mit denen sie in ihrer Freizeit „zocken“ …).

Teilen

Teilen ist schwer. Teilen tut weh. Und wenn du Pech hast, erkennt dein Gegenüber dein Opfer gar nicht richtig an, sondern beginnt eventuell sogar, dich auszunutzen. 

Trotzdem: Es ist so wichtig, dass wir teilen, dass wir abgeben, damit Licht in die Welt kommt. Schon der Täufer Johannes hat verkündet: „Wer zwei Hemden hat, soll dem eins geben, der keins besitzt. Und wer etwas zu essen hat, soll seine Mahlzeit mit den Hungrigen teilen“ (Lukas 3, 11 HfA).

Teilen ist ein Akt der Liebe – und wenn es etwas gibt, was die Welt gerade im Moment braucht, dann ist genau die es. Und das hat nicht unbedingt nur etwas mit materiellen Dingen zu tun. Teilen kann ich auch meine Zeit, mein Wissen und meine Fähigkeiten. 

Und dann lass uns aus voller Kehle mitsingen: „Nur ein bisschen, klitzeklein, möcht ich wie Sankt Martin sein!“

Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de