Aus Scrabble-Buchstaben Thank You

Zwei Rucksäcke

Es ist jetzt etwa eine Woche her, als mein Sohn strahlend aus der Schule kam und sagte: „Schau mal Papa. Ich habe zwei Rucksäcke! Den einen hat wohl jemand an der Bushaltestelle vergessen. Der stand da herrenlos herum. Und ich denke, der freut sich, wenn wir dafür sorgen, dass er ihn zurückbekommt!“

Mein Herz hüpfte vor Freunde, dass mein Sohn so an andere denkt und nicht nur an sich selbst. Also durchwühlten wir den Rucksack. Er war von einem – fast schon möchte ich sagen, typischen, pubertierenden – Schüler einer achten Klasse. 

In einem Buch fand sich ein Stempel mit dem Namen der Schule, zumindest auf einem Heft dann auch der Name des Schülers: Eren. 

Also suchte ich im Internet nach einem Kontakt der Schule und schrieb an das Sekretariat, man möge doch bitte dem Schüler der achten Klasse sagen, dass er nicht nur seinen Rucksack hat auf der Straße stehen lassen, sondern auch, dass er von meinem Sohn gefunden und gerettet wurde. Er könne ihn jederzeit abholen. 

Fast eine Woche lange keine Reaktion – noch nicht einmal eine Nachricht zurück: „Wir haben Ihre Mail erhalten und kümmern uns drum … “ – gar nichts. 

Gestern dann saßen, als ich gerade von der Arbeit kam, eine Horde junger Leute bei uns im Treppenhaus – eine richtige Gang. Ich wunderte mich schon, was die in unserem Hausflur zu suchen haben. Einer sprach mich an: „Hey, sind Sie Ferrarÿ?“

„Ja, ich bin Herr Ferrarÿ“, antwortete ich. „Wer will das wissen?“ Ich hatte in dem Moment an alles gedacht, aber so gar nicht an den Rucksack, weil wir von der Schule ja nichts gehört hatten, also gar nicht wussten, ob die unsere Mail überhaupt gelesen hatten. 

„Ich bin Eren. Sie haben meinen Rucksack!“ Ich holte ihn, und sagte: „Ja, den hat mein Sohn gefunden!“ Der junge Mann schaute mich fast teilnahmslos an, nahm die Tasche und sagte: „Ich wollte was mitbringen, aber ich habe vergessen … “ – woraufhin er sich umdrehte und ging. 

Keinen Dank?

Wenn ich ehrlich bin, dann war ich ein Stück enttäuscht über die Reaktion. Und mein Sohn Joshua war es noch mehr: „Kein danke?“, fragte er, als er nach Hause kam. „Hat er nicht einmal danke gesagt?“ „Nicht wirklich“, musste ich gestehen.

Wir sind enttäuscht, wenn wir etwas Gutes tun, aber keinen Dank dafür erhalten. Natürlich würde niemand sagen, er würde nur deswegen Gutes tun, weil er den Dank erwartete. Wenn er aber ausbleibt, dann fühlen wir uns alles andere als gut. 

Gott hat uns die Gefühle geschenkt – die guten, wie die unguten. Und da er uns nach seinem Bilde erschaffen hat, kann man davon ausgehen, dass auch er dieselben Gefühle hat wie wir. Deshalb glaube ich fest, dass Gott genauso enttäuscht und traurig darüber ist, wenn er uns Gutes tut und wir es einfach, wie selbstverständlich, hinnehmen.

Im 1. Thessalonicher 5, 18 (LUT) können wir lesen: „Seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus für euch.“ 

Warum ist es der Wille Gottes? Zum einen, weil er sich darüber freut, zum anderen aber auch, weil wir unseren Fokus nicht – wie so oft – auf alles Negative im Leben richten, sondern sensibel dafür werden, wie gut es uns eigentlich geht. 

Und ja, jetzt kann man natürlich den arbeitslosen, krebskranken Mann anbringen, der einsam auf der Straße lebt und kaum noch eine Perspektive fürs Leben hat. Wie soll der nur dankbar sein? Aber ehrlich? Ist das nicht eines der wunderbaren Ablenkungsmanöver? Auf kaum einen von uns wird diese hoffnungslose Lebenssituation treffen. 

Ich wollte was mitbringen …

Was hält uns eigentlich davon ab, dankbar zu sein, für das, was wir haben? Wie oft stehen wir vor Gott und sagen: „Ich wollte was mitbringen, aber ich habe es vergessen … „?

Anselm Grün hat einmal gesagt: „Dankbarkeit gibt dem Leben Leichtigkeit und Humor, Gelassenheit und Freiheit.“ 

Wofür bist du heute dankbar? Für das Dach über deinen Kopf? Den Sonnenaufgang? Das Frühstück? Liebe Freunde? Deine Familie? Deinen Job? 

Geh nicht in den Alltag, ohne Gott danke zu sagen. 

Sei gesegnet! 

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de