alte Eisenbahnbrücke im Wald

Religion oder Ethik

„Herr Ferrarÿ, Sie sind wirklich ein toller Lehrer. Wenn Sie bei uns unterrichten würden, dann hätte ich mein Kind wohl auch bei Religion angemeldet. Aber so haben wir uns für Ethik entschieden!“ Solche oder ähnliche Kommentare höre ich oft, wenn ich mich mit Eltern unterhalte. Und dann merke ich immer, dass in den Köpfen von Eltern so manches anders angekommen ist, als es die Wirklichkeit hergibt. 

Es gibt in Berlin an der Grundschule kein Unterrichtsfach „Ethik“ – wohl aber verpflichtend ab der siebenten Klasse in der Oberschule. Was Eltern meinen, wenn sie von „Ethik“ sprechen, ist der atheistisch ausgerichtete sogenannte „Lebenskunde-Unterricht“ des humanistischen Verbandes, den man als Alternative zum Religionsunterricht wählen kann. 

Immer wieder höre ich also Vorurteile, die besagen: Die einen (wir) sind die (bösen) Religiösen, die anderen die (guten) Ethiker. Nun kann und soll jeder seine Meinung haben. Aber ich frage mich ernsthaft: Wenn die atheistisch ausgerichtete „Lebenskunde“ wirklich „Ethik“ ist, wo kommt die Ethik dann eigentlich her? Wo hat sie ihre Wurzeln, wenn nicht in einem Gott, der den Menschen gute Regeln für ein Miteinander gegeben hat?

Aus dem Gewissen heraus

„Na, aus unserem Gewissen heraus“, bekomme ich dann oft als Antwort, „deswegen ist es ja so wichtig, ein Fach zu haben, in dem das Gewissen der Kinder geschärft wird!“ 

Spätestens jetzt kribbelt es mir unter den Nägeln, denn nicht nur, dass das humanistische Fach „Lebenskunde“ völlig falsch bewertet wird, viel dramatischer finde ich die Ansicht, der Mensch hätte ein an sich gutes Gewissen, das, wenn man es nur schärft, eine gute Ethik hervorbringt. 

Das hieße, dass wir Menschen in unserem Innern wissen, was gut und was böse ist, und dass wir das nur zu entdecken und fördern brauchen, um ethisch gute Menschen zu werden. Wenn dem so ist, was läuft dann eigentlich schief in unserer Gesellschaft?

Ich streite nicht ab, dass es wundervolle, charakterlich geniale Menschen gibt, die mit Glauben nichts zu tun haben. Aber wo kommen denn die Werte her, die wir als gut empfinden? Oder um es drastischer auszudrücken: In unserem multikulti Land, in dem jeder so sein und leben kann, wie er will, gibt es sehr unterschiedliche Vorstellungen, was eine gute Ethik ist und was nicht. 

Werte heraussuchen?

Die Stellung der Frau brauche ich mir nur anzuschauen. Für mich ist es selbstverständlich, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind. Für andere absolut nicht. Wenn Gott nicht der Geber und der Maßstab von ethischen Werten ist, wie kann ich dann behaupten, meine Ethik sei besser als die meines Gegenübers?

Jeder kann sich doch heutzutage die Werte heraussuchen, die er mag. Und das bedeutet dann im Umkehrschluss: Nächstenliebe muss ethisch genauso akzeptiert sein wie Nächsten-Hass. Wohl kaum!

Wo das hinführt, das hat die Weltgeschichte zur Genüge gezeigt. Und dass auch Christen anfällig sind, sich von Maßstäben und Werten leiten zu lassen, die mit Gottes Wort so gar nichts zu tun haben, zeigen in der Geschichte die furchtbaren Taten, die im Namen des Christentums immer wieder vollbracht wurden. 

Im Buch Hiob steht: „Wenn der Mensch auf Werte vertraut, die nicht tragen, betrügt er sich selbst, nur Enttäuschung wird sein Lohn sein“ (Hiob 15,31 HfA).

Solange mir niemand ein tragendes Fundament zeigt, auf dem eine gute, verbindliche Ethik aufgebaut werden kann – außer Gott – behaupte ich frech und arrogant: 

Es gibt keine Ethik ohne Gott. 

Denn wer sollte den Maßstab legen, wenn nicht er?

Jeder soll sein Kind anmelden, wo er will. Jeder soll unterrichten dürfen, was er will – auch das ist Ethik. Ich aber werde immer – in der Schule wie im normalen Leben – für die Werte einstehen, von denen Gott sagt, dass sie gut sind. 

Es wird Zeit, dass wir Christen wieder voller Selbstbewusstsein den Menschen da draußen sagen: „Das, was ihr gute Werte oder Ethik nennt, ist das, was Gott einst den Menschen mitgegeben und durch Jesus selbst vorgelebt hat!“

Und wir sollten anfangen, wieder viel radikaler Gottes Liebe (in allen drei Facetten: zu ihm, zu uns selbst und zu unserem Nächsten) zu leben, denn das ist wirklich eine gute Ethik. Love changes!

Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de