Bei einer Überschwemmung stehenAutos stehen unter Wasser

Unverwundbar

Es scheint so, als würden viele Menschen in ihrem Alltag denken, sie wären unverwundbar. Und manchmal ärgert mich diese Einstellung sehr. Da ist der deutsche Senior, der seine Nase aus seinem Schnutenpulli weit raushängen hat (der Mann hatte aber auch einen großen Zinken) und sich am Buffet von hinten über meine Tochter hinweg lehnt, um seinen Teller zu füllen. Als ich ihn bitte, entweder die Maske ordentlich zu tragen oder Abstand zu wahren, höre ich einen Schwall von Vorwürfen. 

Da sind die jungen Leute, die in den Clubs auf Zypern wieder Party machen, als wäre Corona Geschichte –  und das, obwohl die Zahlen der Infizierten auf der Insel gerade explodieren. Auch sie fühlen sich, als beträfe die Pandemie nur die anderen.

Aber auch die Wilden, die mit ihren Quads und Jeeps durch das Naturschutzgebiet ganz im Westen Zyperns heizen, als wären sie Rennfahrer, tun so, als hätten sie alles unter Kontrolle. Als mir einer in einer Kurve mit hoher Geschwindigkeit entgegenkommt, grenzt es an ein Wunder, dass er noch meinem Auto ausweichen konnte. 

Da sind die, die sich Abend für Abend „die Kante geben“ und sich über manches Sorgen machen, aber nicht darüber, dass der Alkohol auch so seine Gefahren mit sich bringt. Alkoholiker werden ja immer nur die anderen. Und außerdem haben wir ja nur die paar Wochen Urlaub im Jahr. 

Und da bin ich, der ich mitten im Paradies weit ins nächste Jahr plane, wohin denn die nächsten Reisen hingehen könnten, als wüsste ich, was nächstes Jahr passiert oder wie es mir dann geht. Beispiele gäbe es noch unendlich viele. Wir fühlen uns manchmal so, als wären wir unverwundbar und würden ewig leben.

Ersetzbar?

Und dann höre ich von der furchtbaren Naturkatastrophe im Westen Deutschlands und den benachbarten Gebieten mit zahllosen Toten. Menschen haben alles verloren, ihr Hab und Gut und ihre persönlichen Dinge, die Autos, aber auch die Fotoalben und Tagebücher. Ihren Schmuck, aber auch den Liebesbrief der ersten Freundin. Vieles ist nicht ersetzbar – vor allem nicht das Leben, das so viele ließen.

Die meisten von ihnen – so wird gesagt – haben sich auch sicher gefühlt. Die Häuser standen neben kleinen Bächen, die Ortschaften nicht in einem Überschwemmungsgebiet. Wir haben eigentlich gute Warn-Systeme und einen professionellen Katastrophenschutz. Und dennoch kamen Leid und Tod so plötzlich, dass es für viele keine Rettung mehr gab. 

Unverwundbar noch unbesiegbar

Was lehrt uns diese furchtbare Tragödie? Wir sind weder unverwundbar noch unbesiegbar, und wir leben nicht ewig. Uns geht es nicht viel anders, als dem jungen David, der seinem Freund Jonathan sagt: „Doch ich sage dir: So wahr der HERR lebt und du selbst lebendig vor mir stehst: Mein Leben hängt an einem seidenen Faden!“ (1. Samuel 20, 3 HfA).

So sicher wir uns fühlen, so gesund wir auch sein mögen, so stabil wir auch gebaut haben oder so gut wir auch versichert sind – auch wir können von einer Sekunde zur anderen alles verlieren – auch unser Leben. Auch bei uns kann von einem Moment zum anderen alles aus den Fugen geraten. 

Sollte uns das Angst machen? Auf keinen Fall, denn Angst ist nie ein guter Ratgeber. Es sollte uns nachdenklich machen und vielleicht ein kleines Stückchen weiser. David schreibt später in einem seiner Lieder: „Mach uns bewusst, wie kurz das Leben ist, damit wir unsere Tage weise nutzen!“ (Psalm 90, 2 HfA). 

Lebe im Heute

Die Tage weise nutzen ist das Stichwort: Lebe statt im Morgen oder im Gestern lieber im Heute. Sei dankbar für das, was du hast, denn das macht zufriedener, als wenn du immer nur schaust, was du nicht hast. Behandle dein Leben, wie ein sehr kostbares, leicht zerbrechliches Geschenk, denn das ist es. Gib jeden Tag die Chance, der beste deines Lebens zu werden, wie Mark Twain einmal gesagt hat. Und gib Gott die Chance, der zu sein, der er in deinem Leben sein möchte: Dein Herr und dein Freund.

Dann hängt dein Leben immer noch am seidenen Faden, denn nur Gott weiß, was die nächste Minute bringt und wann und wie es irgendwann zu Ende geht. Aber dann hast du alles, selbst, wenn du alles verlierst. 

Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de